Der Jahresbericht als PDF: Jahresbericht 2014
Alle Menschen erleben in ihrem Leben Krisen. Den meisten gelingt es, mit diesen konstruktiv umzugehen. Andere jedoch verfügen nicht über die nötige Unterstützung zur Krisenbewältigung. Die Folgen sind häufig Vereinsamung, Krankheit, Suchtverhalten und manchmal Suizidgedanken bis hin zu akuter Suizidalität.
In solchen Situationen ist es gut, wenn jemand da ist, der die Not und Verzweiflung mit aushalten kann. Je-mand, der in der Situation präsent ist, zuhört und dadurch Entlastung bietet. Jemand, der dabei unterstützen kann, neue Perspektiven zu gewinnen und dadurch den Raum der Möglichkeiten zu vergrößern.
In Zeiten, in denen immer mehr Menschen Probleme bei der Lebensbewältigung haben, psychisch erkranken, und in denen immer öfter bereits junge Menschen in Lebenskrisen geraten, ist der Bedarf nach Hilfe und Be-ratung so groß wie nie. Psychotherapeuten und andere psychosoziale Beratungsstellen kommen hier mit ih-ren Kapazitäten an ihre Grenzen, was zu großen Wartezeiten führt. Menschen in akuten Krisen sofortige Hilfe anbieten zu können, haben wir uns daher zu unserer Aufgabe gemacht.
Im Jahr 2014 lag der Schwerpunkt unserer Arbeit in der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung eines schnellen, niederschwelligen und unbürokratischen Beratungs- und Interventionsangebotes für Menschen in Krisensituationen und bei Suizidgefahr. Die Krisenhilfe Münster e. V. lebt vom Engagement ihrer ehrenamtli-chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach intensiver Ausbildung in die Beratungsarbeit einsteigen. Die Qualitätssicherung und Ausweitung der Beratungsarbeit durch regelmäßige Supervision und Weiterbildung hat bei uns seit Jahren einen großen Stellenwert.
Das Angebot der Krisenhilfe Münster e. V.
Das Angebot der Krisenhilfe Münster e. V. richtet sich an Men-schen in krisenhaften Lebenssituationen, die beraterische Unter-stützung in Anspruch nehmen wollen; insbesondere an
- Menschen in akuten Lebenskrisen
- Menschen in suizidalen Krisen
- Menschen nach einem Suizidversuch
- Angehörige, Freunde/-innen, Kollegen/-innen von Men-schen in Krisensituationen
- Personen, die einen nahestehenden Menschen durch Suizid verloren haben
- Mitarbeiter/-innen anderer Einrichtungen, die mit Menschen in Lebens- und suizidalen Krisen zu tun haben
Arbeitsschwerpunkte 2014
Öffentlichkeitsarbeit bei „Münster verwöhnt“
Im Rahmen der Gourmetveranstaltung „Münster verwöhnt“ hatten wir als Krisenhilfe an einem langen Wochenende im Juni 2014 die Möglichkeit, das Beratungsangebot unseres Vereins mit einem der Veranstaltung angepassten eigenen Pagodenzelt vor dem Münsteraner Schloss zu präsentieren. Diese drei Tage haben wir dazu genutzt, die Münsteraner Öffentlichkeit über un-sere Arbeit zu informieren, neue Mitglieder zu werben und Interessierte auf eine mögliche ehrenamtliche Mitarbeit anzu-sprechen. Durch den Verkauf des Bestecks für den Gastrono-miebetrieb konnten wir darüber hinaus Spendengelder sammeln, die unseren Verein bei der Arbeit in verschiedenen Projekten unterstützen.
Interne Zusatzqualifizierung zum Trauerbegleiter nach Suizid
Da die Krisenhilfe Münster e. V. vermehrt Anfragen zum Thema Trauerbegleitung nach Suizid feststellen konnte, haben wir im September 2013 mit einer internen Ausbildung für Ehrenamtliche zur Trauerbegleiterin und zum Trauerbegleiter begonnen. Diese Schulung, die zu großen Teilen durch externe Referenten durchgeführt wur-de, haben zehn unserer ehrenamtlichen Mitarbeitenden im April 2014 erfolgreich abgeschlossen. Somit stehen der Krisenhilfe Münster e. V. nunmehr zehn speziell für diese Aufgabe ausgebildete Trauerbegleiter zur Verfügung. Inhal-te der insgesamt 7 Module, aus denen die Ausbildung be-stand, waren im ersten Teil die Auseinandersetzung mit Verlust, Tod und Trauer in der eigenen Biographie und darauf aufbauend die Trauerbegleitung nach Suizid aus systemischer Sicht. Als Referentin für das letzte Modul mit dem Thema „Schuldzuweisung in der Trauerbegleitung nach Suizid – Suizidtrauernde angstfrei begleiten“ konnten wir Chris Paul gewinnen, die bereits viele Fachbücher zu dieser Thematik veröffentlicht hat und in Bonn ein eigenes Trauerinstitut leitet. Mit dieser Qualifizierung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten wir im Jahr 2014 allen Anfragenden eine persönliche Trauerbegleitung nach Suizid anbieten.
MOOD-TOUR im Rahmen des „Bündnis gegen Depression“
Die Krisenhilfe Münster e. V. engagiert sich seit über 5 Jahren aktiv im Münsteraner „Bündnis gegen Depres-sion“, indem sie sich gemeinsam mit anderen psychosozialen Einrichtungen bei der Gewähr-leistung der monatlich stattfindenden Sprech-stunde gegen Depression beteiligt. Im vergan-genen Jahr engagierte sich der Verein zudem bei der Planung und Organisation einer Etappe der MOOD-TOUR in Münster.
Die MOOD-TOUR ist Deutschlands erstes Aktionsprogramm auf Rädern, das von Juni bis September 2014 durch Deutschland rollte und damit einen Beitrag zur Endstigmatisierung der Depression als Erkrankung leistet. In zwölf Etappen radelten 64 depressionserfahrene und -unerfahrene Menschen im Zeltbetrieb 7000 km durch die ganze Republik. Am Samstag, den 13.09.2014 führte die Mitfahraktion über Gimbte nach Münster, wo die Radler in der Innenstadt auf dem Fahrradaktionstag in Empfang genommen wurden. Durch einen Infostand konnten sich Münsteraner Bürger den ganzen Tag über das Thema „Depression“ informieren und direkten Kontakt zu Fachleuten aus entsprechenden Einrichtungen aufnehmen.
Suizide in Deutschland, Nordrhein-Westfalen und Münster
In Deutschland nahmen sich im Jahr 2013 insgesamt 10.076 Personen das Leben (aktuelle Zahlen für das Jahr 2014 liegen noch nicht vor). Davon starben 1.727 Menschen in Nordrhein-Westfalen durch Selbsttötung. Im Verhältnis begingen mit 74 % deutlich mehr Männer Suizid als Frauen (26 %). Dieses Verhältnis gilt so-wohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene NRW. Auch in der Stadt Münster war 2013 die Zahl der Männer, die sich das Leben nahmen, mit 19 Personen deutlich höher als die der Frauen. Von den 26 Personen insgesamt begingen 7 Frauen Suizid.
Die Suizidrate, die die Anzahl der durch Selbsttötung Gestorbenen je 100.000 Einwohner widerspie-gelt, liegt in NRW im Jahresmit-telwert 2011 bis 2013 bei 9,7 Fällen. Im Regierungsbezirk Münster bemisst sich diese Sui-zidrate auf 8,7 Fälle je 100.000 Einwohner, in der Stadt Münster wurden mit 7,5 Fällen weniger Suizide als in NRW und im Regierungsbezirk Münster verzeichnet. Die Anzahl der Suizidversuche liegt jedoch min-destens um ein 10-faches höher.
Statistik der Krisenhilfe Münster e. V.
Wer kam 2014 zur Krisenhilfe Münster e. V.?
Im Jahr 2014 wurden 361 Personen durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwiegend im Rahmen von Kriseninterventionen unterstützt und zu einem geringeren Teil einmalig beraten. Die Kriseninterventionen, von denen im vergangenen Jahr 211 stattgefunden haben, bestehen aus einem länger andauernden Beratungsprozess mit maximal 10 Gesprächen.
Die häufigsten Kriseninterven-tionen fanden bei Personen im Alter von 20 bis 29 Jahren statt, gefolgt von der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen. Unter den beratenen Klienten sind dabei deutlich mehr Frauen (65 %) als Männer (35 %). Da-bei zeigt sich auch, dass die meisten Beratungskontakte im Jahr 2014 von Frauen in der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen in Anspruch genommen wurden.
Im Jahr 2014 wurde die Kontaktauf-nahme der Beratung suchenden Perso-nen wesentlich durch suizidale Um-stände und psychische Erkrankungen begründet. Daneben sind familiäre Konflikte und Beziehungsprobleme weitere wesentli-che Gründe, Kontakt zur Krisenhilfe Münster e. V. zu suchen. Bei der Befragung waren bis zu drei Themennennungen möglich.
Vernetzung
Die Krisenhilfe Münster e. V. ist Mitglied im Diakonischen Werk Westfalen und arbeitet eng mit anderen psy-chosozialen Einrichtungen in Münster zusammen. Institutionelle Zusammenarbeit gibt es insbesondere mit
- der Telefonseelsorge Münster
- dem Münsteraner Bündnis gegen Depression
- dem Arbeitskreis Beratung für Kinder, Jugendliche und Familien
- dem Trauernetz Münster
- dem Arbeitskreis Diakonische Träger
- der Landesarbeitsgemeinschaft Suizidprävention
Überregional beteiligt sich die Krisenhilfe Münster e. V. an der Arbeit der „Deutschen Gesellschaft für Suizid-prävention (DGS)“ und dem darin organisierten „AK Suizidprävention in NRW und Niedersachsen“.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- 26 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- 4 Honorarmitarbeiterinnen und -mitarbeiter (Supervision und Ausbildung)
Vorstand der Krisenhilfe Münster e. V.
- Michael Wörmann 1. Vorsitzender
- Markus Wewer Schatzmeister (seit April 2014)
- Friedrich Kellersmann Vorstand (seit April 2014)
- Susanne Pues Vorstand (seit November 2014)
Hauptamtliche Stellen
- Petra Karallus | Dipl. Päd. Leiterin 30 h / Woche
- Petra Stahlhut | Verwaltung 20 h / Woche